Gemeinsam mehr Spaß

"Es gibt nun mal keine Pille für den Mann", heißt es schnell, wenn es um gleichberechtigte Schwangerschaftsverhütung geht. Dabei ist diese sehr wohl möglich - und vergrößert den Spaß an der Sache. Ein Plädoyer.

Dieser Beitrag von Rena Föhr erschien im Original bei Spiegel Online.

Als ich den Text, den Sie hier lesen, der Redaktion vorschlug, war die Reaktion verhalten: "Es gibt einfach nicht so gute Möglichkeiten, wirklich gemeinsam zu verhüten. Entweder, der Mann zieht sich ein Kondom über, oder ein Großteil der Arbeit liegt bei der Frau." Doch dieser Annahme widerspreche ich entschieden - nachdem ich ihr selbst lange genug nachhing. Bis ich mich mit meinem Partner auf die Suche begab.

Wir waren Mitte 20, als wir uns kennenlernten, und wollten Verhütung anders angehen als das klassische "Erst Kondome, dann Pille". Theoretisch wussten wir: Es gibt noch mehr - und es geht gerechter. Nur wie könnte das für uns konkret aussehen?

Wissen ist Macht

Wüssten Sie auf Anhieb, wie ein Diaphragma angewendet wird, was Vor- und Nachteile der Kupferspirale sind oder wie eine symptothermale Methode funktioniert? Falls nicht - uns ging es genauso. Dabei ist umfassendes Wissen der erste Schritt, um eine partnerschaftliche Entscheidung in puncto Verhütung zu fällen. Das bedeutet, sich mit der Verfügbarkeit aller Methoden ebenso auseinanderzusetzen wie mit ihren Nebenwirkungen und Kosten und ihrer Sicherheit.

Wir leben im Zeitalter der digitalen Information. Der britische National Health Service (NHS) hat einen umfassenden Verhütungsguide auf Englisch, auf Deutsch empfehlen sich die Seiten von Profamilia und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Es kann sinnvoll sein, sich von Fachleuten beraten zu lassen: beispielsweise bei einer Verhütungsberatung (diverse Methoden), bei einem Kurs zum Erlernen der symptothermalen Methode Sensiplan oder bei einer Diaphragma-Sprechstunde. Alle Geschlechter sind willkommen - aber nutzen sie das Angebot auch?

Zu zweit beim Verhütungskurs

Das wollte ich beim Sensiplan-Kurs herausfinden. Bei dieser Verhütungsmethode misst man die morgendliche Aufwachtemperatur und beobachtet Veränderungen des Zervixschleims oder des Muttermunds. Daraus lassen sich die fruchtbaren und unfruchtbaren Zyklusphasen bestimmen. Die Regeln, auf denen die Methode basiert, kann ein Mann natürlich genauso erlernen. 'Vier Augen sehen mehr als zwei' gilt auch für die Analyse einer Zykluskurve. Auf dem Anmeldeformular gab es auch ein Namensfeld für Partner - also trug sich mein Freund ein.

Im Kurs war er jedoch ein Exot. Die anderen Frauen waren allein gekommen, das Engagement ihrer festen Partner beschränkte sich laut einer Teilnehmerin auf die Frage: "Geht's heute ohne Kondom?"

Als einziges Paar fühlten wir uns trotzdem wohl. Schließlich lernten wir etwas, was uns beide betraf und weiterbrachte. Auch die anderen Frauen reagierten positiv und waren uns gegenüber offen.

Beim Diaphragma sind geschickte Männer hilfreich

Natürlich muss man, wenn man in der fruchtbaren Zeit vaginalen Sex haben will, anderweitig verhüten, beispielsweise mit Kondom oder Diaphragma. Mit Letzterem hatten wir noch keine Erfahrung, also ließen wir uns beraten.

Bei der Diaphragma-Sprechstunde war die Ärztin erfreut über den Mann im Schlepptau. Zunächst demonstrierte sie uns die Methode an einem anatomischen Vagina-Modell. Bei der anschließenden Untersuchung und Anpassung bezog sie meinen Partner behutsam ein. Es erhöhe die Sicherheit der Methode, wenn er mit der Anwendung vertraut sei, sagte sie: So könne er zusätzlich den korrekten Sitz überprüfen. Eine halbe Stunde später - das Diaphragma war erfolgreich angepasst - entließ sie uns: "Have fun".

Inzwischen war uns klar: Für die Suche nach bewusster, gerechter Verhütung ist Zeit nötig, aber es macht Spaß und stärkt die Beziehung. Wir fühlten uns einander näher als zuvor.

Es muss ja nicht gleich ein achtstündiger Sensiplan-Kurs sein. Auch bei anderen Methoden kann man sich den Aufwand gerecht teilen, sei es das Abholen der Pillenpackung, die Erinnerung an das Wechseln des Vaginalrings, der Nachkauf von Kondomen.

Auch das Finanzielle betrifft beide, gratis ist in Deutschland keine Methode. Die Pille ist ein Medikament, das man pro Packung bezahlt (außer, man ist minderjährige Kassenpatientin). Spiralen halten mehrere Jahre lang, kosten aber in der Anschaffung dreistellige Beträge. Da ich bei Sensiplan die Körperbeobachtung übernehme, finde ich es nur fair, dass mein Freund die monatliche App-Gebühr für die Aufzeichnungen bezahlt (zugegeben, es ginge auch analog auf einem Zyklusblatt). Bei Kondomen und Diaphragma-Gel wechseln wir uns ab.

"Voll mutig von euch", sagten Freunde, wenn wir ihnen von diesen Erfahrungen erzählten. Das freut uns, aber für uns war es ein logischer, natürlicher Schritt. Die Beratung durch Fachpersonal hat uns das Thema definitiv erleichtert, allen voran die tolle Ärztin bei der Diaphragma-Anpassung. "Es wäre toll, wenn mehr Ärzte für so etwas geschult wären, um bei den Leuten Vertrauen und Offenheit zu wecken", sagte mein Freund.

Einfach mal Danke sagen

Denn der emotionale Aspekt - einschließlich Offenheit, Vertrauen, Verständnis - ist der vielleicht ausschlaggebendste, um sich mit Verhütung und Sexualität rundum wohlzufühlen. Egal, für welche Methode man sich schließlich entscheidet, es sollte eben genau das sein: eine freie Entscheidung, ohne Drängen.

Auch wenn die Partnerin bereits eine Methode anwendet, schadet es nicht, sich darüber zu informieren, eine eigene Meinung dazu zu entwickeln und nachzufragen, wie es ihr damit geht. Ob sie sich wohl, gesund und sicher fühlt. Und auch mancher Mann braucht vielleicht Ermutigung, eine neue Kondommarke, -material oder -größe auszuprobieren, um mehr zu genießen und sich sicher zu fühlen.

Hat man seinen gemeinsamen Weg gefunden, sollte man nicht vergessen, sich gegenseitig Danke zu sagen: für einen verantwortungsvollen Umgang mit der gemeinsamen Sexualität.


Dieser Text von Rena Föhr erschien zuerst auf Spiegel Online. Zum Original

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„Männerdominanz hat unser Sprechen über Sex geprägt”

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